Die aktuelle Frage: 

"Weshalb sind Einkäufer beim Thema Preissenkung aktuell so zurückhaltend?"

Antwort:

Viele Einkaufsabteilungen fordern aktuell die überzogenen Preiserhöhungen der Jahre 2021 und 2022 von Ihren Lieferanten zurück. Der Grund: die seit Oktober 2022 fallenden Vormaterial- und Energiepreise. Aber irgendetwas ist mit manchen Einkäufern passiert - in den 2 Jahren mit Lieferengpässen und einem lupenreinen Verkäufermarkt (Nachfrageüberhang). Liegt es am Generationswechsel im Einkauf? Haben noch nicht alle im Einkauf die Wende zum Einkäufermarkt (Angebotsüberhang) mitbekommen? Ist es Bequemlichkeit oder Gleichgültigkeit? Hat der Einkauf innerhalb von 2 oder 3 Jahren das Vertreten einer Verhandlungsposition verlernt? Fragen über Fragen.

 

"Beisshemmung" im Einkauf?

Hoffentlich ist die folgende Aussage eines Außendienstverkäufers nicht repräsentativ:

„Seit zwei Jahren beobachten wir eine Zurückhaltung bei vielen Einkäufern in Bezug auf Preisverhandlungen. Offenbar resultiert dies aus den damaligen Herausforderungen in Bezug auf die Versorgungssicherheit. Die meisten Einkäufer erkundigen sich lediglich einmal nach einem verbesserten Preis. Dass lehnen wir ab, und in der Regel gibt der Einkäufer daraufhin sofort auf.“

 

Die Halbwahrheiten der Verkäufer

Gut informierte Einkäufer fallen auf das Zerrbild der Verkäufer nicht herein. Gerne vermischt der Verkauf die Wahrheit mit Verschweigen und manchmal sogar dreisten Lügen. Beispiele:

  • "Unser Vormaterial ist um mehr als 30 % teuerer geworden." Kommentar: Aktuell fallen die Materialpreise auf breiter Front. Ein Blick auf die Vormaterialseite der Lieferanten zeigt, dass Verkäufer gerne die höchste Preissteigerungsrate nennen. Entscheidend ist jedoch wie sich alle Einkaufspositionen preislich verändern und welche Anteile diese am Produkt des Verkäufers haben.
  • "Unsere Energiepreise sind so hoch." Kommentar: Die Panik in den Energiemärkten war 2022 groß. Allerdings sanken die Preise auch schnell wieder. Der Chart unten zeigt die Preisentwicklung des Industriestrompreises an der Börse in Leipzig. Wir sind auf dem Niveau von 2021 - weit vor dem Beginn des Ukrainekrieges. Bei Erdgas ist die Entwicklung identisch.
  • " Wir haben noch Verträge mit überhöhten Energiepreisen und/oder Materiallagerbestände zu alten Preisen." Kommentar: Wir erwarten, dass die Preise unserer Lieferanten die Marktrealitäten wiederspiegeln. Wenn Lieferanten 2022 zu viel zu überhöhten Preisen bestellt haben, ist das sein Betriebsrisiko, dass wir nicht mit überhöhten Verkaufspreisen abdecken wollen. Außerdem hält kein Lagerbestand ewig. Wir erwarten, dass Lieferanten auch bei fallenden Preisen auf Wiederbeschaffungspreisen kalkulieren. Laut einer Umfrage im Jahr 2022 hatten knapp 50 % der Unternehmen die Energieverträge unter Dach und Fach - teilweise mit Laufzeiten bis zu 3 Jahren. Bei einem Lieferanten, der kürzlich über die hohen Strompreise klagte, zeigte eine Google Maps-Recherche, dass sämtliche Produktionshallen voll mit Photovoltaik-Modulen ist. 

Tipp: Sie möchten Ihren Lieferanten mit Zahlen und Fakten belegen, dass seine Einkaufs- und Energiepreise gesunken sind? Dann sind der Price|Protector und die Einkaufs|News genau das richtige für Sie. 

Autor: Jens Holtmann