Die aktuelle Frage:
"Ich muss mehrere Importangebote vergleichen. Wie gehe ich dabei am besten vor?"
Antwort:
Das alleinige Betrachten des Einkaufspreises greift immer zu kurz – auch bei nationalen Einkäufen. Die unumstößliche Regel beim Importeinkauf lautet: Der Gesamtkostenvergleich ist wichtiger als der Preisvergleich! Der Total Cost of Ownership-Ansatz (TCO) beinhaltet sämtliche Kosten, die vor, durch und nach der Bestellung eines Produkts im Ausland anfallen. Dazu ein Beispiel: Sie erhalten aus China ein Angebot für ein Kugellager mit einem Stückpreis von 20 €. Dieses Kugellager kaufen Sie zurzeit in Deutschland für 49 € netto ein. Die 29 € reiner Preisvorteil sind jetzt keinesfalls als Saving (Ersparnis) auszuweisen. Das ist sonst eine Milchmädchenrechnung. Neben den üblichen Bezugskosten sind allerdings noch einige andere Kostenblöcke zu berücksichtigen.
Wichtig: Nach einer TCO-Betrachtung kann das Kugellager aus Deutschland durchaus kostengünstiger sein. Es hat zwar einen höheren Einstandspreis, aber dank der geringeren Logistik- und Abwicklungskosten des Imports sowie der garantierten Qualität die geringeren Total Cost of Ownership (TCO). Deswegen sind Vergleiche so wichtig.
Die TCO-Checkliste
Damit Sie zuverlässig entscheiden und beweisen können, ob sich das Importgeschäft überhaupt lohnt, müssen Sie für jeden konkreten Beschaffungsfall außerhalb der EU die folgenden Kosten berücksichtigen:
1. Direkte Einkaufskosten
- Produkt-/Materialpreis
- Logistikkosten (Verpackung, Transport,
- Zwischenlagerung, Handling, …)
- Transport-Versicherungsprämien
- Kosten für Dokumentation und Zollformalitäten
- Verzollung und Einfuhrgebühren
- Kosten (zusätzlicher) Qualitätsprüfungen
- Kosten für Agenten / Dienstleister / Beauftragte vor Ort
- Akkreditivkosten
- Währungsschwankungen
- Wareneingangsprüfung
- Sachmängel und Rücksendungen
- Zusatzkosten für erhöhte Ausschuss- und Retourenquote
- sonstige individuelle Risikoaufschläge
2. Indirekte Einkaufskosten
a. Vor der Bestellung
- Länder-Nutzwertanalyse
- Lieferanten-Nutzwertanalyse
- Lieferantenbesuche
- Erstmuster, -prüfung und -freigabe
- Qualitätsprüfung vor Ort
- Vertragsmanagementkosten
- TCO-Analysekosten
- sonstige individuelle Risikoaufschläge
b. Nach der Bestellung
- Lagerkosten (für größere Mengen)
- Kapitalbindungskosten
- Verpackungsentsorgung
- Produktion von Ausschuss
- Mangelfolgeschäden
- Fehlteileentsorgung
- Fehlmengenkosten
- sonstige individuelle Risikoaufschläge
Allein der Blick auf diese Checkliste zeigt, dass ein klassischer Importeinkauf ausserhalb der EU „aus der Hüfte heraus“ ein kaufmännisches Husarenstück ist.
Autor: Jens Holtmann